Premiere
Ungeheuerliches in der Badi Gais von der Theatergruppe Varain

In Gais feiert das Freilichttheater «Camping Deluxe» Premiere. Es ist eine gelungene, kreative Inszenierung mit witzigen und fantasievollen Details.

Charlotte Kehl
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Spektakel in der Badi Gais: Das Stück wird in den kommenden Wochen immer am Freitag, Samstag und am Sonntag aufgeführt.

Spektakel in der Badi Gais: Das Stück wird in den kommenden Wochen immer am Freitag, Samstag und am Sonntag aufgeführt.

Bild: Chk

Nach den kalten und verregneten Hauptproben ist es der erste Abend, an dem kein Regen zu erwarten ist. Besucherinnen und Besucher des Freilichttheaters «Camping Deluxe» in der Badi Gais schätzen die Verpflegung durch Marion Schmidgall und ihrem Team, während sich die gut hundert Sitzplätze langsam füllen. Verwundert streift der Blick über die vielen Campingwagen und Zelte, Girlanden und die Grillstation rund um das Bassin. Aha, die Saison ist eröffnet – mit vielen Dauergästen und einigen Neuen.

Alle freuen sich auf die Ruhe und Einfachheit der ländlichen Idylle auf dem Campingplatz. Einzig die Chefin Ilse Bill (Rahel Werner) macht etwas Druck, erinnert an die Standplatzgebühren und beginnt gleich mit dem allmorgendlichen Fitnesstraining für alle. Ihr Partner Herbie (Kurt Löffel) sammelt Abfall, Susi Blumer (Anita Koller) hängt Wäsche auf, Guido Zimmermann (Andreas Rohner) dreht die Würstchen auf dem Grill - die Idylle ist perfekt.

Aber dann taucht aus dem Wasser ein Wesen auf und bald ist nichts mehr wie vorher. Was ist es? Ein Fisch, ein Mensch, ein Monster? Das schlüpfrige Ding nistet sich in Ilses Campingwagen ein und verdrängt Herbie in die Garderobe. Ilse und ihre Anhänger sind begeistert und bewundern das, worin andere ein Monster sehen - und sie scheinen davon zu profitieren. Sie tragen bessere Kleidung, besitzen teure Dinge, golden Badekappen, immer irrwitziger steigert sich die Gier, bis auch die Warmwasserbrause golden strahlt und Ilses Kopfputz einer Krone gleicht – aber nicht für alle. Die Sonnenseite, die warme Dusche, überhaupt alle Privilegien bleiben den Monster-Anbetern vorbehalten. Sie andern werden am Rand geduldet. Selber schuld, wer nicht an Wunder glaubt.

Dem Fischer seine Frau

Der ehemalige Literaturstudent und Sohn der Campingbesitzerin, Kenny Bill (Andreas Giger), erinnert sich an das Märchen der Brüder Grimm. War da nicht ein Butt, welcher der gierigen Frau des Fischers alle Wünsche erfüllt, bis sie den Bogen überspannt? Eine Gegengruppe bildet sich und will sich wehren. «Wo Recht zu Unrecht wird, wird Handeln zur Pflicht», skandieren sie und stürmen das verhasste Schlussfest zu Ehren des Butt.

«Ja», bestätigt Regisseurin Barbara Bucher. «Wir haben uns an diesem Märchen orientiert, um zu zeigen, was das ungebremste Habenwollen mit uns machen kann - die Gesellschaft spaltet sich», meint sie und schwärmt vom unglaublich begabten und verlässlichen Team, das fast alle ihre Vorstellungen umsetzte, sei es im Bühnenbild, in der Musik, Technik oder Choreografie. «Zusammen konnten wir Ideen verwirklichen, die vor zwei Jahren beim Improvisieren mit Rahel Stieger entstanden sind».

Aus dem Material von damals hat Oliver Kühn (Theater Jetzt) ein Stück geschrieben. Sie habe sich sehr gefreut mit dem Theater Varain, von dem man so viel Gutes höre, arbeiten zu dürfen. Nein, nicht alle ihre Ideen konnten umgesetzt werden, aber sie habe sowieso immer zu viele davon. Spannend wird es, wenn man mit den Begebenheiten und den Spielerinnen und Spielern vor Ort neue passende Lösungen finden darf.

«So etwas habe ich noch nie gesehen»

«Camping De Luxe »ist eine gelungene, kreative Inszenierung mit witzigen, fantasievollen Details. Viele kleine Nebenschauplätze runden das Gesamtbild ab. Das gut geführte Ensemble zeigt eine tolle Leistung mit schrägen Gesangs- und Tanzeinlagen, auch wenn der uferlose Bühnenraum nicht leicht zu bespielen ist.

Einzig der rote Faden der Geschichte ist nicht immer gut erkennbar, aber die Dramaturgie baut wohl eher auf Bilder als auf eine stringente Handlung. Ein unterhaltsamer Theaterabend ist es auf jeden Fall. «So etwas habe ich noch nie gesehen!», meint ein Besucher nach dem Schlussapplaus.

Weitere Vorstellungen

Das Stück wird in den kommenden Wochen immer am Freitag, Samstag und am Sonntag aufgeführt. Tickets sind auf www.theater-varain.ch erhältlich. Die Daten: 27. Mai, 28. Mai, 2. Juni, 3. Juni, 4. Juni, 9. Juni, 10. Juni, 11. Juni